Union trat nicht zum ersten Europapokalspiel seiner Geschichte an
Heute vor 55 Jahren:
Heute vor 55 Jahren hätte der 1. FC Union Berlin das erste Spiel im Wettbewerb der europäischen Pokalsieger ausgetragen.
Nach dem 2:1-Erfolg über den FC Carl Zeiss Jena im Endspiel im FDGB-Pokalwettbewerb am 9. Juni 1968 war der Klub startberechtigt für die Vergleiche mit den Konkurrenten aus den anderen teilnehmenden Verbänden. Die Auslosung am 10. Juli 1968 in Genf ergab den jugoslawischen Pokalfinalisten FK Bor als Gegner in der 1. Runde. Die Borer nahmen trotz ihrer 0:7-Endspielniederlage im nationalen Finale teil, da ihr Gegner Roter Stern Belgrad im Landesmeisterchampionat antrat – Gegner hier sollte der DDR-Meister Carl Zeiss Jena sein. Für Union waren auch der FC Porto, Girondins Bordeaux, der FC Barcelona oder der 1. FC Köln als Kontrahent infrage gekommen.
So hätte Union die Fußballer aus der ostjugoslawischen Kupferbergbau-Kleinstadt am 18. September 1968 in Berlin empfangen; vorgesehen war, die Begegnung im Stadion An der Alten Försterei auszutragen. Zum Rückspiel wären die Unioner am 2. Oktober 1968 in Bor angetreten.
Fern allen sportlichen Geschehens besetzten in der Nacht zum 21. August 1968 Militäreinheiten der Staaten des Ostblock-Militärbündnisses Warschauer Vertrag aus Bulgarien, Ungarn und Polen unter Führung sowjetischer Verbände Teile der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik und ihre Hauptstadt Prag. Auch die DDR wurde diesem Versuch, die Demokratiebestrebungen im sozialistischen Nachbarstaat gewaltsam niederzuschlagen, zugeordnet.
Der Einmarsch führte international zu Empörung. So sahen sich auch einzelne nationale Sport- und Fußballverbände wie auch am EC beteiligte Klubs mit möglichen Auswirkungen konfrontiert. Sie befürchteten Proteste gegen die Invasion und meldeten Bedenken an, dass bei Spielen gegen Mannschaften aus den Besatzerstaaten die Sicherheit in den Stadien nicht gewährleistet werden könne, weil Demonstrationen und Ausschreitungen erwartet würden. Der AC Mailand und Celtic Glasgow kündigten an, gegen Mannschaften aus den beteiligten Ostblockländern nicht anzutreten.
Daraufhin trat ein Dringlichkeitsausschuss der UEFA zusammen und nahm entsprechend eines von Ost und West anerkannten und bewährten Verfahrens für Fälle von politisch bestimmten Konflikten im europäischen Fußballsportgeschehen eine gelenkte Auslosung vor – aus einer Ost- und einer Westgruppe heraus. Gegner des 1. FC Union Berlin wäre nun Dynamo Moskau gewesen. Die Verbände der am militärischen Einmarsch beteiligten Staaten werteten diese zweite Auslosung als diskriminierende Störung der Sportbeziehungen. Nachdem das UEFA-Exekutivkomitee die Neuauslosung geprüft und für rechtens befunden hatte, zogen diese Ost-Sportverbände, so auch der Deutsche Fußballverband der DDR, ihre Vertreter aus den Wettbewerben zurück.
Die Leitung des 1. FC Union Berlin verbreitete im Namen seiner Spieler eine Stellungnahme, in der diese die Maßnahme als richtig bewerteten und begrüßten. Heute gilt es als erwiesen, dass DDR-Armeeeinheiten nicht unmittelbar am Einmarsch in die ČSSR beteiligt waren.