Union-Vorgängerverein gewinnt die Staffelmeisterschaft & steigt in die höchste Spielklasse auf
Heute vor 110 Jahren:
In die Spielzeit 1913/14 der 1. Klasse startete der SC Union Oberschöneweide als einer der Favoriten der Abteilung A – im Jahr zuvor war Union Zweiter geworden. Als Heimspielstätte nutzten die Oberschöneweider bis zum Jahresende den von Teutonia 1899 gepachteten Platz in der Baumschulenweger Kiefholzstraße.
Im November 1913 führten die Unioner nach ihrem 7:0 bei Helgoland 1897 die Tabelle der Zehner-Konkurrenz vor Germania 1888 und dem VfB Pankow an, Anfang Januar besiegten sie – erstmals für Punktekämpfe auf ihrem eigenen Sportplatz an der Wattstraße im Nordwesten Oberschöneweides auflaufend – zunächst Germania mit 3:0 Treffern. Die folgende aufstiegvorentscheidende Begegnung mit Pankow gestaltete die Mannschaft um ihre Spielführer Wilhelm Rump und Ernst Standke mit 2:0 Toren siegreich. Zunächst unterlief den Fußballern aus dem nordöstlich Berlins gelegenen Dorf ein Eigentor; später verhängte der Unparteiische zwei Handspiel-Strafstöße gegen sie, von denen die Unioner einen zum 2:0-Halbzeitstand, der auch der Spielstand nach neunzig Minuten war, verwerteten.
Bald erhoben die Pankower Protest: Weil der Schiedsrichter nicht rechtzeitig erschienen war, sei das Spiel während der ersten Halbzeit von einem Ersatzschiedsrichter geleitet worden. Wegen dessen ungenügender Leistung wären die Pankower verunsichert gewesen. Unabhängig davon wurde bald auch eingewendet, dass der Union-Sportplatz für die Partien gegen Germania und gegen Pankow nicht vom Verband abgenommen und nicht bespielfähig gewesen wäre. Ferner wurde auch die Spielberechtigung des Unioners Dözso Rittersporn in Frage gestellt.
Unbeeindruckt von den Einsprüchen siegten die Oberschöneweider sechs Mal in Folge, bevor am 19. April 1914 Ortsnachbar SC Ostend am letzten der 18 Spieltage ein 1:1-Unentschieden gelang – beim bereits feststehenden Staffelmeister und Aufsteiger.
Der Einspruch des mit zwei Punkten Rückstand auf dem zweiten Tabellenplatz eingekommenen VfB Pankow gegen die Wertung des vorgeblich irregulär erreichten 2:0-Union-Sieges im Januar hatte den Vorstand des Verbandes Brandenburgischer Ballspielvereine beschäftigt. Er gab den Pankowern Recht und entschied für den 24. Mai 1914 eine Neuansetzung – der VfB erzielte so einen Erfolg in der Auseinandersetzung.
Gegend diesen VBB-Entscheid legte Union Ob. Beschwerde ein, die am 23. Mai 1914 auf dem außerordentlichen Verbandstag behandelt wurde. Hier erfolgte eine Abstimmung, die eine sehr deutliche Mehrheit für die Position Unions ergab – die Vertreter der Vereine bestätigten die 2:0-Wertung, damit den Staffelsieg und den Aufstieg. Der VfB indes kündigte an, sich an den Deutschen Fußball-Bund zu wenden.
Der DFB entschied am 18. Juni 1914 zugunsten Pankows auf neue Ansetzung, falls nicht unabhängig von der Platzangelegenheit die Union vorgeworfene Statutenverletzung, die angeblich unberechtigte Teilnahme von Dözso Rittersporn, diesen entscheidenden Kampf überflüssig mache.
Am 27. Juni 1914 befasste sich ein Verbandstag des VBB erneut mit der Angelegenheit. Hier kritisierten die VBB-Verantwortlichen, dass der DFB-Spielausschuss in der Rittersporn-Angelegenheit im Verfahren und vor seiner Entscheidung zum Vorteil der Pankower ohne die Anhörung der Gegenpartei entschieden hatte. Der Vorstand des Brandenburgischen Verbandes empfahl den Oberschöneweidern, den weiteren Instanzenweg zu beschreiten. Um aber das Aufstiegsrecht feststellen zu können, setzte das Gremium einen neuen Vergleich der beiden Vereine für den 5. Juli 1914 an.
An jenem Sonntag pfiff der Schiedsrichter um 17 Uhr vor etwa 3.000 Zuschauern auf dem Tasmania-Platz an der Neuköllner Grenzallee die Begegnung an. Union Oberschöneweide spielte überlegen. In der 25. Minute traf Dözso Rittersporn zum 1:0 für die Unioner, in der 75. dann zum 2:0-Endstand, bevor die Pankower noch einen Strafstoß verschossen. Unions erster Aufstieg in eine höchste Spielklasse, die VBB-Verbandsliga, stand fest. Die Klärung der Spielberechtigung Dözso Rittersporns fand nicht statt – am 1. August 1914 trat das Deutsche Reich in den 1. Weltkrieg ein.
Der Spielausschuss des SC Union Oberschöneweide hatte für die Saison 1913/14 die Torhüter Max Nowacki und Josef „Seppl“ Reich sowie Otto Lehmann, Walter Lohr, Ernst „Jorka“ Standke, Alexander Jacobi, Wilhelm Rump, Georg Wartschek, Dözso „Teschi“ Rittersporn, Otto Splittgerber, Albert Seipp, Walter Zierau, Erich Münzenberg, Otto Rienitz, Ernst Kurzweil, Willi Gebbert, Walter Reinecke und Alfred Rasenack aufgeboten und zum Einsatze gebracht.