Position des 1. FC Union Berlin zu den Beschlüssen
DFL-Mitgliederversammlung:
Anlässlich der heutigen außerordentlichen Mitgliederversammlung der DFL wandte sich Union-Präsident Dirk Zingler im Anschluss an die Veranstaltung in einem Anschreiben an die Mitglieder, um die Position des 1. FC Union Berlin zu erläutern. Hier das Anschreiben im Wortlaut:
Liebe Unioner,
die heutige außerordentliche Mitgliederversammlung der DFL nehme ich zum Anlass, um mich zum ersten Mal in der noch jungen Saison an Euch zu wenden.
Der 1. FC Union Berlin spielt Fußball für Menschen. Das Stadionerlebnis in unserem Stadion An der Alten Försterei, für das Stehplätze unverzichtbar sind und zu dem auch Gästefans gehören, betrachten wir als Kern unseres Daseins als Unioner. Diese beiden Prämissen haben uns dazu veranlasst, nach einem Weg zu suchen, wie wir auch in Zeiten einer Pandemie bei Gewährleistung größtmöglicher Sicherheitsstandards gemeinsam wieder Fußballspiele unserer Mannschaft erleben können, möglichst in gewohnter Art und Weise, also ohne Abstand zueinander.
Am 10. Juli haben wir die Öffentlichkeit davon in Kenntnis gesetzt, dass wir die Vollauslastung unseres Stadions anstreben und dafür die Möglichkeiten der präventiven Testung aller Stadionbesucher prüfen. Mit diesem Pilotprojekt, das auch für viele andere Veranstaltungsarten relevant sein kann, beschäftigen wir uns auch weiterhin sehr intensiv. Dazu gehört selbstverständlich die Berücksichtigung der Entwicklung der Pandemie mit den daraus resultierenden Erfordernissen. Wir alle werden uns darauf einstellen müssen, dass Corona noch länger zu unserem Leben gehören wird, gleichzeitig aber die Einhaltung von Abstand zueinander auf Dauer lebensfremd und kaum durchsetzbar ist. Wir betrachten es als Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung, nach dazu passenden Lösungen für den Umgang mit der Pandemie zu suchen, ohne notwendige Ressourcen, wie beispielsweise Testkapazitäten, anderen wichtigen Bereichen der Gesellschaft zu entziehen.
Selbstverständlich gehen wir dabei abgestimmt und schrittweise vor, da nur ein behördlich genehmigtes Hygienekonzept zur Anwendung kommen kann, und uns der Schutz unserer Stadionbesucher vor einer Infektion und die Eindämmung der Pandemie in der Gesellschaft insgesamt sehr wichtig sind.
Am heutigen Tag haben die 36 DFL-Vereine im Rahmen einer Mitgliederversammlung über Anträge des DFL-Präsidiums abgestimmt, die temporär in selbstauferlegte Beschränkungen münden und über behördlich für notwendig erachtete Regelungen hinausgehen oder bereits getroffene Regelungen doppeln:
- Verzicht auf Kartenkontingente für Gästefans
- Verzicht auf die Nutzung von Stehplatzbereichen
- Verzicht auf Alkoholausschank im Stadion
- Nachvollziehbarkeit von Infektionsketten durch personalisierte Tickets
Alle Anträge sind mehrheitlich von den Vereinen angenommen worden.
Da wir mit dem Vorgehen grundsätzlich nicht einverstanden sind und zudem die Anträge zu Gästefans, Stehplätzen und Alkoholausschank für unausgewogen im Hinblick auf unsere allgemeine gesellschaftliche Verantwortung, aber auch auf unsere spezielle Verantwortung für Fußballanhänger halten, haben wir bei diesen drei Anträgen mit Nein gestimmt.
Es gehört zu unserem demokratischen Verständnis, dass wir die mehrheitliche Entscheidung der Vereine akzeptieren. Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass alle Unioner wissen, was ihr Verein unternommen hat, um gemeinsam mit den anderen Vereinen und Kapitalgesellschaften in der DFL zu einem anderen Abstimmungsergebnis zu gelangen. Mit diesem Schreiben haben wir uns nach Rücksprache mit dem DFL-Präsidium am vergangenen Freitagabend an die 35 anderen Klubs gewandt und für unsere Position geworben.
Leider ist es uns nicht gelungen, die Mehrheit der Vereine davon zu überzeugen, den Anträgen des DFL-Präsidiums nicht zuzustimmen. Wir werden uns nun damit auseinandersetzen, wie wir mit den zunächst bis zum 31. Oktober getroffenen Regelungen in Bezug auf die Spiele unserer Mannschaft umgehen.
Unabhängig davon werden wir unsere Bemühungen um ein Hygienekonzept fortsetzen, das unseren Vorstellungen von Fußball, die sich nicht zuletzt im baulichen Charakter unseres Stadions wiederfinden, gerecht wird – wohlgemerkt, und das kann man nicht oft genug betonen, bei Gewährleistung von bestmöglichem Infektionsschutz für alle Stadionbesucher und ohne Beanspruchung von Ressourcen, die andere Menschen dringender benötigen.
Leider werden wir alle noch viel Geduld benötigen, bis wir zu unserem gewohnten und geliebten Stadionerlebnis zurückkehren können. Im Namen der gesamten Vereinsführung möchte ich an dieser Stelle noch einmal versichern, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um auch inhaltlich dazu beizutragen, Lösungen dafür zu finden.
Eiserne Grüße
Dirk Zingler