Kaffee-Zeit, oder?

Interview mit Dirk Zingler zum Saisonstart

Do, 24. Juli 2008
Interview mit Dirk Zingler zum Saisonstart
Bereits eine Woche später, am 02.08.2008, empfängt der Verein den VfB Stuttgart zum ersten Heimspiel im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. Die traditionelle Heimstätte, das Stadion An der Alten Försterei, ist derzeit eine Baustelle und somit nicht bespielbar. Viel Neues also für uns Unioner. Vor diesem Hintergrund beantwortet der Präsident des Vereins, Dirk Zingler, die wichtigsten Fragen exklusiv auf der Vereinshomepage.



Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die neue Spielklasse?



Zunächst sind wir stolz darauf dabei zu sein. Wir werden als Verein unseren Beitrag leisten, dass diese Spielklasse attraktiv und interessant wird.



Ist die neue Liga denn nun wirtschaftlich interessanter als die alte Regionalliga?



Das liegt natürlich auch daran, wie wir uns selbst dort präsentieren, sprich diese Liga nutzen, um weitere Zuschauer, Mitglieder und Sponsoren zu gewinnen. Bei der Ausstattung mit TV-Honoraren hatten wir uns einen höheren Anstieg im Vergleich zur Regionalliga versprochen, denn der Abstand zur 2. Liga ist immer noch deutlich zu groß. Da erwarten wir mit dem Abschluss des neuen TV-Vertrages durch den DFB zur Saison 2009/2010 eine erhebliche Steigerung. Aus meiner Sicht wäre ein Betrag in Höhe von 1 Mio. möglich, denn die Nachfrage der TV-Anstalten ist da und so könnte der Abstand zur 2. Liga (4 Mio.) auf ein erträglicheres Maß reduziert werden.



Welche sportliche Zielstellung hat der Verein?



Unser gesamtes Handeln ist danach ausgerichtet, den Sprung in die 2. Bundesliga zu schaffen. Dieses Ziel kann man aber nicht in einer einzelnen Spielzeit erzwingen. Wir wollen aber von Jahr zu Jahr die Wahrscheinlichkeit erhöhen, diesen Sprung zu realisieren. In der vergangenen Saison waren wir ja nicht so weit davon entfernt. Wichtiger als der Zeitpunkt des Aufstieges ist für mich, dass der Verein nach einem Aufstieg auch die Kraft und die Struktur hat, dauerhaft die 2. Bundesliga zu halten.



Reichen die bisherigen Neuverpflichtungen aus, um diese Zielstellung zu realisieren?



Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich mal einen Blick zurück werfen. Zu Beginn der vergangenen Spielzeit haben wir unseren Kader mit erfahrenen Spielern erheblich verstärkt. Dieses war nur möglich, indem der Verein in anderen Bereichen schmerzhafte Einsparungen vornahm, die auch sehr kontrovers diskutiert wurden. Solche Investitionen sind nicht jedes Jahr möglich. Außerdem müssen sich diese Aufwendungen auch langfristig auszahlen, die Spieler wurden ja nicht nur für eine Saison verpflichtet. Darüber hinaus haben wir bereits frühzeitig die Verträge mit allen Leistungsträgern verlängert und die Abgänge ersetzt. Weiterhin führen wir unser Nachwuchs-Leistungszentrum nicht zum Spaß. Ich erwarte, dass sich junge Spieler entwickeln und so zu gleichwertigen Alternativen für den Cheftrainer heranwachsen. Vor diesem Hintergrund denke ich, dass wir einen starken Kader haben, der eine gute Rolle spielen kann. Wenn alles passt, sollten wir uns wie in der vergangenen Saison noch oben orientieren. Finanziell sind wir bei der Zusammenstellung der Mannschaft erneut an der Grenze des Machbaren angelangt.



In der vergangenen Spielzeit stand der Verein für einen hohen Unterhaltungswert mit torreichen Spielen. Können wir das auch 2008/2009 erwarten?



Unterhaltsamen, attraktiven Sport zu bieten, ist für mich genauso eine wichtige sportliche Zielstellung wie der absolute Erfolg. Dementsprechend sind unsere sportlichen Konzepte ausgerichtet. Natürlich ist es auch wichtig, mit Abpfiff mehr Tore als der Gegner geschossen zu haben.



Wir nehmen dieses Jahr nicht am DFB-Pokal teil.....



Das ärgert mich ungemein, zumal der durch die Erhöhung der TV-Honorare noch lukrativer geworden ist. Das habe ich der Mannschaft zum Saisonstart auch sehr deutlich mitgeteilt. Es ist in diesem Jahr eines unserer wichtigsten Ziele, uns für den DFB-Pokal 2009/2010 zu qualifizieren.



Zuletzt konnte der Verein neue Rekorde bei der Akquisition neuer Sponsoren vermelden. Hält dieser Trend an?



Wir fühlen uns in unserem täglichen Handeln bestätigt, wenn unser Sponsorenstamm so wächst wie in der vergangenen Spielzeit. Schließlich spiegelt das ein wachsendes Vertrauen in der Berliner, aber auch in der überregionalen Wirtschaft wider. Die spannende Rückrunde und die neue 3. Liga stärken diesen Trend. Sofern die letzten Gespräche positiv verlaufen, können wir mit knapp 140 Sponsoren in die Saison starten. Allerdings muss man im Vergleich zu unseren Kontrahenten berücksichtigen, dass wir einen klaren Standortnachteil haben. Vereine wie Erfurt, Dresden, Düsseldorf, Braunschweig oder Jena profitieren von öffentlichen Unternehmen, die politisch motiviert mit erheblichen Beträgen diese Vereine unterstützen. Das ist für uns als Nicht-Erstligist in Berlin nicht möglich. Umso stolzer sind wir darauf, diesen Nachteil mit einer Vielzahl von Klein- und mittelständischen Unternehmen auffangen zu können.



Das alles beherrschende Thema außerhalb des Sportes war in der Vergangenheit der Erhalt des Standortes Alte Försterei.



Die langfristige Sicherung des Standortes ist die lebensnotwendige Basis unseres Vereins. Da sind wir in den vergangenen Monaten erheblich vorangekommen. Diese Auffassung hat sich überall in Berlin durchgesetzt.



Am 02.06.2008 um 06.00Uhr morgens begann die Sanierung der Alten Försterei. Darauf hatten alle Unioner lange gewartet. Wie ist denn der aktuelle Stand?



Mit der Sanierung der Stehplatzstufen kommen wir gut und planmäßig voran. Das liegt vor allem an der Leistung und Motivation der freiwilligen Helfer und der tatkräftigen Unterstützung unserer Sponsoren. Darum beneiden uns wahrscheinlich professionelle Baufirmen.



Im Anschluss an die Betonierung der Stehplatzstufen sollen alle drei Stehplatzseiten überdacht werden.



Genau so ist das. Wir haben uns für eine Konstruktion entschieden, die sich baulich gut in das Gelände einpasst und statisch nicht zu aufwendig wird. Gegenwärtig verhandeln wir mit Stahlbaufirmen, die diese Dächer aufstellen sollen. Dabei stellen wir fest, dass die Auftragsbücher der Unternehmen prall gefüllt sind und diese nicht auf unsere Aufträge warten. Unabhängig vom zeitlichen Faktor wollen wir in diesen Tagen aber die Verträge dazu unter Dach und Fach bringen, denn wir müssen aus finanziellen Gründen auch die Entwicklung der Stahlpreise im Auge behalten. Verzögerungen würden hier möglicherweise zu erheblichen Verteuerungen führen.



Ist der Zeitplan mit einer Rückkehr in die Alte Försterei im Oktober 2008 gefährdet?



Aktuell nicht, sollten wir aber in den kommenden Tagen nicht mit den Bauarbeiten am Dach beginnen können, könnte sich der Zeitplan verzögern. Sollte sich dieses Szenario abzeichnen, werden wir darüber frühzeitig informieren.



Wie weit ist das Thema Rasenheizung?



Wir spüren den Willen aller Beteiligten, die Rasenheizung direkt im Anschluss an die Bauarbeiten der Dachkonstruktion zu beginnen. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Rasenheizung auch im Anschluss eingebaut wird.



Spielen wir dann in unserem Stadion, sprich wird der Erbbaupachtvertrag bis zum 1. Heimspiel in der AF unterschrieben sein?



Wir haben mit allen politischen Entscheidungsträgern grundsätzliches Einvernehmen erzielt. Wie immer in solchen Fällen, steckt dann die Tücke jedoch im Detail. Wir vertrauen aber auf die Aussagen der Politiker, denen wir entnehmen, dass es der parteiübergreifende politische Wille ist, dass der Erbbaupachtvertrag in diesem Sommer nun endlich unterschrieben wird.



Neue 3. Liga, Stadion in Eigenregie, über 5.000 Mitglieder, steigende Sponsorenzahlen, steigende Zuschauerzahlen, dagegen Einsparungen in Personal und Verwaltung. Viele fragen sich, ob die vorhandenen Vereinsstrukturen reichen, um das alles zu bewältigen.



Bis jetzt ist es uns gelungen, mit diesen Strukturen zu wachsen. Aber natürlich stoßen wir irgendwann mal an Grenzen. Deshalb kann ich mir vorstellen, die Anzahl der Mitstreiter im Präsidium wieder zu erhöhen. Darüber hinaus ist permanent zu beobachten, ob die Strukturen in Marketing, Sport und Verwaltung ein weiteres Wachsen zulassen. Sollten wir einen Bedarf erkennen, werden wir mutig in diese Bereiche investieren.



Auf Grund der Baumaßnahmen finden die ersten Heimspiele im Friedrich-Ludwig-Jahn- Sportpark statt. Werden die Unioner diesen vorübergehenden Standortwechsel annehmen?



Unsere Heimat ist die Alte Försterei, da gibt es kein Wenn und Aber. Der Umzug ist aber durch die Sanierung, die ja von uns allen herbeigesehnt wurde, unumgänglich. Das Olympiastadion war sicherlich eine Alternative, ist kaufmännisch aber nicht darstellbar. Bleibt als einzigstes für die 3. Liga zugelassene Berliner Stadion der Jahn-Sportpark. Ich gehe davon aus, dass uns weder Fans und Mitglieder noch Sponsoren im Stich lassen und für kurze Zeit mit uns ausweichen. Letztlich würden sie mit einem Fernbleiben das schwächen, was sie am meisten lieben: den 1. FC Union Berlin e.V.