Tach gesagt!

Erklärung des Aufsichtsrates des 1. FC Union Berlin

Di, 14. Oktober 2003
Erklärung des Aufsichtsrates des 1. FC Union Berlin
Der Grund dafür ist das Einhalten der satzungsgemäßen 3-Tage-Frist zwecks Anhörung des Präsidenten vor dem Aufsichtsrat.



Bekanntlich hat der Aufsichtsrat auf seiner Sitzung am 9. Oktober 2003 den Beschluss gefasst, Herrn Heiner Bertram als Präsident abzuberufen. Dieser Beschluss wurde mit 7:0 Stimmen einstimmig gefasst (ein 7:0-Ergebnis war übrigens vor nicht allzu langer Zeit schon einmal ein richtungsweisendes und einschneidendes Ereignis in unserer jüngeren Vereinsgeschichte).



Leider hat Herr Bertram auf der o.g. Sitzung bei der Nennung der ersten sachlichen Gründe für seine Abberufung durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Herrn Rade, sowie seinen Stellvertreter, Herrn Dr. Ulbricht, fluchtartig und wenig ehrenhaft die Tagungsstätte verlassen.



Sie alle können versichert sein, dass dieser Beschluss nicht aus dem Bauch oder aus einer Bierlaune heraus gefasst worden ist. Er ist durch die Haltung von Herrn Bertram seinen Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber und durch sein Auftreten in der Öffentlichkeit Schritt für Schritt herangereift und letzten Endes durch die Weitergabe einen internen Briefes des Aufsichtsratsvorsitzenden von Herrn Bertram an die Presse durch ihn selbst provoziert worden. Es ist auch kein Komplott, wie manche es darzustellen versuchen, denn sieben Personen unterschiedlichen Charakters können sich nicht geirrt haben.



Im gleichen Atemzuge möchten wir auch klarstellen, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates diese Entscheidung nicht gewollt haben und eigentlich vermeiden wollten, aber durch die Ereignisse, besonders in den letzten Monaten, dazu gezwungen worden sind. Wohlgemeinte Ratschläge und Empfehlungen in den gemeinsamen Aufsichtsratssitzungen sowie in persönlichen Gesprächen hat Herr Bertram zwar zur Kenntnis, aber sich nicht zu Herzen genommen. Selbst ein klärendes Gespräch, das ihm der Vorsitzende des Aufsichtsrates angeboten hat und durch das eine Eskalation möglicherweise noch hätte vermieden werden können, hat er aus persönlicher Eitelkeit ausgeschlagen.



Ein Präsident, der die Mitglieder des Aufsichtsrates, des höchsten gewählten Gremiums des Vereins, die zudem noch in der Mehrzahl seine Wunschkandidaten waren, in zunehmendem Maße negiert, indem er sie über richtungsweisende Beschlüsse des Präsidiums (Spielerkäufe, Trainerwechsel, Stadionneubau, um nur einige Beispiele zu nennen) erst im Nachhinein oder auf Anfrage hin informiert, setzt sein Amt leichtfertig aufs Spiel. Gespräche mit Senator Böger und dem Bundeskanzleramt zu Fragen des Stadionneubaus ohne vorherige Kenntnis des Eigentümers, des Bezirksbürgermeisters von Berlin-Köpenick/Treptow, das ständige Hickhack um die Besetzung des Managerpostens, Defizite in der Menschenführung im Umgang mit Spielern, Verunsicherung des Trainers durch Auftritte in der Öffentlichkeit sowie Eingriffe in dessen Kompetenzen, Konzentration von Ehrenamt (Vizepräsident) und bezahltem Amt (Geschäftsführer) in einer Person u.v.m. sind Dinge, die immer wieder kritisch angemerkt, aber nicht verändert wurden. Ursprünglich sollte das Ehrenamt des Vizepräsidenten einem starken Mann aus der Wirtschaft vorbehalten bleiben, um sich vorrangig um die Sponsorensuche zu kümmern. Aber Herr Bertran duldete keinen starken Mann an seiner Seite, - auch ein Grund dafür, dass der 1. FC Union in seiner Weiterentwicklung stagnierte.



Damit man uns nicht falsch versteht: Wir machen an den großen Verdiensten, die sich Herr Bertram, besonders in den Anfangsjahren seiner sechsjährigen Amtszeit, um den Verein erworben hat, nicht die geringsten Abstriche. Wer aber wie er in zunehmendem Maße in selbstüberschätzender, teilweise in überheblich-arroganter Art und Weise sowie ohne jegliche Selbstkritik handelt, der läuft eines Tages Gefahr, dem Verein mehr zu schaden als zu nutzen. Deshalb blieb uns keine andere Wahl. Wir mussten gegensteuern und die Reißleine ziehen, denn in der öffentlichen Darstellung möchten wir unseren Kult-Klub erhalten. Er war aber auf dem besten Wege, sich zu einem Personenkult-Klub, zu einem 1. FC Bertram zu entwickeln.



Die finanzielle Situation war seit 1997 noch nie so angespannt wie heute. Das vom Aufsichtsrat zu Beginn des Jahres 2003 geforderte Sanierungskonzept wurde bisher vom Präsidenten noch nicht vorgelegt. Statt dessen musste vom Aufsichtsrat im Nachhinein die Aufnahme von Krediten "abgenickt" werden. Hätte der Aufsichtsrat dieses verweigert, wären die Spielergehälter nicht pünktlich gezahlt und die Lizenz für das Spieljahr 2003/2004 nicht erteilt worden.



Zurecht werfen uns jedoch einige Kritiker vor, warum wir unter diesen Umständen nicht schon früher reagiert und eine Abberufung herbeigeführt haben. Wir müssen heute selbstkritisch eingestehen, dass wir trotz kritischer Hinweise um des Vereins willen zu lange zu loyal zu Präsident Bertram gestanden und an ihm festgehalten haben, immer in der Hoffnung, dass er unsere Bemerkungen berücksichtigen wird. Aber leider ist das in den seltensten Fällen geschehen. Die grenze der Zumutbarkeit war damit erreicht. Wir wollten nicht mehr als "Abnick- und Bestätigungsorgan" des Präsidenten fungieren, sondern in vollem Umfang unsere satzungsgemäße Verantwortung als Mitsprache- und Kontrollorgan zum Wohle, zum Schutze und zum Überleben des Vereins wahrnehmen.



Wir wollen weder eine Schlammschlacht, die uns Herr Bertram mit seinem Appell an die Fans im Internet aufzwingen will, noch ein "Schlachtfeld, bei dem einer liegenbleiben wird", um mit seinen martialischen Worten zu sprechen. Im Gegenteil: Wir wollen und werden alles daransetzen, damit unser Verein so schnell wie möglich gesundet und nicht auf der Strecke bleibt.



Herr Bertram beklagt sich, dass er ohne Vorwarnung abberufen wurde. Vielleicht sollte er sich einmal daran erinnern, welches Schicksal beispielsweise unser Erfolgstrainer, "General" Georgi Wasiljew (und nicht nur er!), unter seiner Präsidentschaft erlitten hat.



Wir räumen ein, dass die Abberufung von Präsident Bertram für Außenstehende eine außergewöhnliche und unpopuläre Maßnahme war, denn in der Regel wird bei Misserfolgen zuerst immer auf das schwächste Glied im Verein, den Trainer, gezeigt. Der Aufsichtsrat, dessen Mitglieder sich ausnahmslos der weiteren positiven Entwicklung des 1. FC Union Berlin verpflichtet sehen, verfolgt mit dieser Entscheidung nur ein Ziel: Das Schiff "Union" darf nicht noch weiter ins Schlingern geraten, sondern muss so schnell wie möglich wieder in ruhiges Fahrwasser gelangen. Wir wollen damit unserem Trainer Mirko Votava und unseren Spielnern den permanenten Druck nehmen und ihnen den Rücken freihalten, um in Ruhe und Besonnenheit das wichtigste sportliche Ziel in dieser Saison, nämlich den Nichtabstieg, zu erreichen. Nichts anderes haben wird mit unserem Beschluss bezweckt.



Niemand kann die Zukunft voraussehen, aber eines steht fest: gerade in der gegenwärtigen Situation braucht unser Verein einen teamfähigen Präsidenten, der die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Gremien unseres Vereins sucht, um den 1. FC Union Berlin wirtschaftlich und sportlich aus der Talsohle herauszuführen. Diesen Präsidenten glauben wir in der Person von Jürgen Schlebrowski gefunden zu haben, der bereits 1997 als Nike-Manager Deutschland unseren Verein maßgeblich beim Überlebenskampf unterstützt hat. Herr Schlebrowski, der entgegen anderslautender Behauptungen ehrenamtlich für unseren verein arbeiten wird, verfügt nicht nur über ausgezeichnete Verbindungen zum deutschen Sport, sondern auch zu nahmhaften Wirtschaftsunternehmen.



Wir appellieren an unsere Mitglieder und Fans, mit uns gemeinsam diesen neuen Weg zu beschreiten, denn nur gemeinsam wird unser Verein wieder zu alter Stärke zurückfinden.



In diesem Sinne: Packen wir es an und EISERN UNION!!!



Aufsichtsrat des 1. FC Union Berlin e.V.

gez. Uwe Rade