Trainerinnen, die früher Spielerinnen bei Union waren
Perspektivwechsel:
Von Spielerin zu Trainerin: Wer sich für den Wechsel vom Spielfeld an die Seitenlinie entscheidet, muss meist mit ganz neuen Herausforderungen und Aufgaben umgehen.
Nichtsdestotrotz ist die Laufbahn als Trainerin nach der aktiven Karriere sehr beliebt. Anja Matthes, Jana Neumann und Julia Schlotte sind genau diesen Weg beim 1. FC Union Berlin gegangen und berichten, wie sich ihre Arbeit verändert hat, was sie motiviert und welche Ziele sie für die Zukunft verfolgen. Zudem beschreibt U23-Spielerin Tiziana Udich, die momentan parallel ein Praktikum im Trainerbereich absolviert, ihre ersten Einblicke.
Vor wenigen Monaten feierte Anja Matthes ihr 20-jähriges Vereinsjubiläum beim 1. FC Union Berlin. Die 33-Jährige war 2002 in die Mädchenabteilung der Köpenickerinnen gekommen und durchlief in der Folge alle Nachwuchsmannschaften bis zur Frauenmannschaft. Dort wurde die Offensivspielerin jedoch früh durch zwei Kreuzbandrisse ausgebremst. Parallel sammelte Anja bereits erste Erfahrungen im Trainerbereich und fungierte mit 19 Jahren schon als Co-Trainerin der U13-Mannschaft. Während die Spielerkarriere früh zu Ende ging, nahm die Trainerkarriere richtig Fahrt auf. Nach vielen Jahren als Cheftrainerin der U15 wurde Anja 2019 zunächst Co-Trainerin und ein Jahr später Cheftrainerin der B-Juniorinnen-Mannschaft.
Doch damit nicht genug: Parallel dazu macht sie derzeit auch noch ihre A-Lizenz und ist zusätzlich auch als Koordinatorin für Camp und Zusatzangebote im Verein tätig. „Es ist manchmal ganz schön stressig. Aber es ist ein schöner Stress. Der Lehrgang macht Spaß und der Austausch innerhalb unserer Lizenzgruppe hat einen riesigen Mehrwert“, beschreibt sie ihre Mehrfachbelastung.
Ihre Motivation als Trainerin der jungen Spielerinnen in der U17 ist es nicht nur, die Fußballerinnen technisch oder taktisch weiterzubringen, sondern auch sozial zu fördern: „Es geht nicht darum, die Spielerin für die Fußballwelt zu formen, sondern ihnen auch etwas für ihr Leben mitzugeben.“
Von außen betrachtet feierte Anja ihren größten Erfolg im letzten Jahr. Mit den B-Juniorinnen erreichte sie das Halbfinale der Deutschen Meisterschaft und spielte vor über 1000 Zuschauern im Stadion An der Alten Försterei. Selbst sagt sie jedoch auf die Frage, was ihre größte Errungenschaft sei: „Es gibt so viele tolle Erfolge und da geht es nicht nur um Meisterschaften, sondern vor allem die Weiterentwicklung von Spielerinnen.“
Auf über 20 Jahre beim 1. FC Union Berlin blickt auch Julia Schlotte zurück. Im Sommer 2001 wechselte Julia in die U13-Mädchenmannschaft und durchlief in der Folge alle Nachwuchsmannschaften bis zur Frauenmannschaft, wo sie daraufhin zehn Jahre lang spielte. Schon bevor sie ihre Schuhe 2016 an den Nagel hing, machte die 34-Jährige erste Erfahrungen im Trainerbereich. „Zuerst habe ich bei der U13 in der Saison 2014/15 begonnen. Seit der Saison 2020/2021 bin ich nun als Trainerin bei der U15. In der ersten Saison als Cheftrainerin, jetzt seit eineinhalb Jahren als Co-Trainerin.“
„Die Arbeit mit Kindern macht mir großen Spaß. Kinder zu fordern und zu fördern ist für mich sehr wichtig. Außerdem wollte ich gern mein Wissen an die kommenden Generationen weitergeben“, erklärt Julia ihre Entscheidung, als Nachwuchstrainerin im Verein zu bleiben. Nicht nur bei Union will sie zukünftig an der Weiterentwicklung des Nachwuchses beteiligt sein: Derzeit studiert Julia zudem Lehramt an der Humboldt-Universität.
Neben den sportlichen Aufgaben verweist die Co-Trainerin auch auf die Herausforderungen abseits des Rasens: „Gerade in dem Alter der Mädchen muss doch ab und zu auf diverse Befindlichkeiten Rücksicht genommen werden. Wir haben im Training nicht nur die Aufgabe, die Mädchen sportlichen weiterzuentwickeln, sondern auch auf die soziale Entwicklung Einfluss zu nehmen.“ Diese Aufgabe erfüllt Julia und würde sie gerne auch noch in Zukunft lange ausfüllen: „Ich sehe mich tatsächlich auch in fünf Jahren immer noch als Trainerin der U15. Diese Altersklasse macht mir persönlich sehr viel Spaß. Für die Mädchen sind es meist die ersten Erfahrungen auf dem Großfeld. Ich glaube gerade für dieses Alter braucht es an der Seitenlinie viel Sozialkompetenz, neben dem fußballerischen Verständnis, welches ich gern an die Kinder vermitteln möchte.“
Bereits über eine Dekade im Verein ist auch Jana Neumann. Dabei ist die Trainerin der U13-Mädchenmannschaft selbst erst 23 Jahre jung. Im Sommer 2011 wechselte Jana als Spielerin zu eben jenen U13-Juniorinnen. Vier Jahre später endete ihre sportliche Laufbahn bei Union, da ihr der Übergang zu den U17-Juniorinnen nicht gelang. Zeitgleich wurde ihr allerdings angeboten, ab der Saison 2015/16 als Betreuerin der U13-Juniorinnen im Verein zu bleiben. Jana überlegte nicht lange: „Ich war damals 15 Jahre alt, mit ganzem Herzen Union-Fan und wollte dem Verein weiterhin verbunden bleiben – aktiv ein Teil der Unionfamilie sein.“ Zunächst unterstützte Jana das Trainerteam, übernahm in der Folge jedoch auch selbst erste Trainertätigkeiten und machte im Sommer 2017 ihre Lizenz als DFB-Junior-Coach.
Neben ihrer Arbeit als Trainerin spielt Jana selbst noch Fußball, studiert derzeit Grundschullehramt und arbeitet zusätzlich auch bereits an einer Grundschule als Sportlehrerin. Doch ihre Tätigkeit bei Union will sie trotz des großen Zeitaufwands, der Vorbereitung, Durchführung sowie Auswertung von Trainings- und Spieltagen einnehmen, nicht aufgeben. Ihre Motivation: „Ich möchte meine Spielerinnen auf ihrem Lebensweg begleiten und wertvolle Erfahrungen mit ihnen für ihr Leben sammeln. Ich möchte sie weiterentwickeln. Der Spaß und die Leidenschaft am Fußball stehen dabei stets im Mittelpunkt.“
Diese Leidenschaft merkt man Jana auch an, wenn sie über ihr schönstes Spiel in ihrer Trainerkarriere berichtet: „Im Pokal-Viertelfinale der vergangenen Saison fehlte es unseren Spielerinnen in der ersten Hälfte an Mut, sodass wir mit einem 0:2-Rückstand in die Halbzeit sind. In der zweiten Hälfte jedoch zeigten unsere Spielerinnen Moral und kämpften sich gemeinsam zurück ins Spiel. In den letzten fünf Minuten des Spiels schossen wir die entscheidenden Tore, sodass wir mit einem 3:2 das Spiel drehen konnten.“ Am Ende der Saison konnte die Mannschaft schließlich auch den Pokalsieg feiern.
Erste Schritte im Trainerbereich macht aktuell Tiziana Udich. Die 29-Jährige schnürt momentan zwar selbst noch die Schuhe für die 2. Frauenmannschaft des 1. FC Union Berlin in der Berlin-Liga und führt das Team bereits seit 2019 als Kapitänin an, arbeitet aktuell jedoch auch schon an der Karriere nach der Karriere. Seit Jahresanfang hospitiert Tiziana im Rahmen eines Praktikums bei der U15 von Karl Schweizer wird zudem in naher Zukunft auch Anja Matthes bei den B-Juniorinnen über die Schulter schauen.
Der Beweggrund für den Wechsel an die Seitenlinie sind wiederkehrende Verletzungsprobleme: „Ende des vergangenen Jahres zeigte sich wieder einmal, dass meine beiden Knie nicht mehr so tauglich sind, um die sportliche Aktivität im leistungsorientierten Fußball weiterzuführen. Daher endet im Sommer meine aktive Karriere. Ich möchte gerne weiterhin an der Seitenlinie meine Erfahrung der letzten Jahre den jüngeren und durchaus talentierten Spielerinnen weitergeben.“
Motiviert blickt Tiziana, die beruflich als Polizistin tätig ist, in die Zukunft: „Ich würde mich gerne von Jahr zu Jahr weiterentwickeln und gucken, was nach der aktiven Karriere auch noch im Trainerbereich möglich ist. Ich habe keine festen Ziele, sondern schaue, was neben meiner beruflichen Tätigkeit noch möglich ist und wohin es mich am Ende bringt. Ich bin jedenfalls motiviert und voller Vorfreude, all meine Erfahrung an die Spielerinnen weiterzugeben.“