Unions Veranstaltungsleiter
Die FuMA stellt vor:
Unter dem Motto „Die Fan- und Mitgliederabteilung stellt vor“ haben wir bereits den Fanvertreter im Aufsichtsrat, das Team Handicap der Fanbetreuung und den Wirtschaftsrat als enge Partner vorgestellt. Wir wollen so die Menschen hinter den vielen Aufgaben und Aktionen sichtbar machen beziehungsweise vielen Funktionen auch ein Gesicht geben.
Diesmal schauen wir ein bisschen tiefer in den Verein rein und zeigen, wer eigentlich dafür verantwortlich ist, dass ein Spieltag so läuft, wie er läuft. Daher unser heutiges Interview mit Pierre Lüttge, Veranstaltungsleiter des 1. FC Union Berlin e.V.
Stell dich doch kurz vor.
Hallo, ich heiße Pierre Lüttge und bin 37 Jahre alt. Ich habe einen Bachelor in Sportmanagement und bin unter anderem Veranstaltungsleiter beim Verein.
Henne oder Ei: Warst du erst beim 1.FC Union Berlin angestellt oder zuerst Fan?
Ich war zuerst Fan.
Kannst du dich an dein erstes Spiel erinnern?
Ich kann gar nicht genau sagen, welches mein erstes Spiel gewesen ist. Mein ältestes bewusst noch in Erinnerung behaltenes Spiel war im Winter 2003. Montagabendspiel gegen Freiburg. Arschkalt, ein Rumgerutsche auf dem vereisten Platz, aber wir haben Freiburg einen tollen Kampf geliefert und hätten fast gewonnen.
Wie bist du hierher (als Fan oder Mitarbeiter) gekommen?
Mein Vater hat mich Anfang der 2000er mit zu den Heimspielen genommen. 2007 habe ich parallel zum Studium ein Praktikum im Verein gemacht. Mein Wunsch war, dass ich die Theorie aus dem Studium in der Praxis kennenlernen kann. Mit unserem Aufstieg in die 2. Bundesliga 2009 habe ich dann ein Jobangebot bekommen.
Du bist Veranstaltungsleiter. Was kann man sich darunter vorstellen?
Der Veranstaltungsleiter ist eine Funktion, die aus der Musterversammlungsstättenverordnung stammt, die den Betrieb von Versammlungsstätten in Deutschland regelt. Der Veranstaltungsleiter ist für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich und muss die Zusammenarbeit der Sicherheitsträger (Ordnungsdienst, Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr) gewährleisten. Vorschriften sind dabei zum Beispiel, dass die genehmigte Besucherzahl eingehalten wird, die Rettungswege jederzeit frei sind und das Personal mit der Versammlungsstätte vertraut und geschult ist.
Wir haben viele verschiedene Gewerke, die für die Durchführung eines Spieltages notwendig sind, unter anderem Sport, Ticketing, Vermarktung, Catering, Merchandising, Sicherheit, Fanbetreuung, Stadiontechnik, TV-Produktion. Ich führe die Aufsicht über alle Gewerke und überwache, dass sich alle an die Vorschriften der Versammlungsstättenverordnung und der Lizenzordnung halten.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag unter der Woche bei dir aus und wie ein Spieltag?
Von Montag bis Freitag bin ich ihm Büro. Es geht um 09:00 Uhr los und endet, wenn die Arbeit des Tages erledigt ist.
Am Spieltag beginnt mein Tag in der Regel fünf bis sechs Stunden vor dem Anpfiff. Dann beginnt die TV-Produktion mit dem Aufbau. Ich führe Abstimmungsgespräche mit den Kollegen, kontrolliere die Umsetzung von organisatorischen Themen und die Einhaltung der Vorschriften. Ab 2,5 Stunden vor Anpfiff (und damit 30 Minuten vor Stadionöffnung) bin ich im Sicherheitsleitstand. Das ist die Zentrale unserer Spieltagsorganisation. Hier laufen alle Informationen zusammen und werden Entscheidungen getroffen.
Was muss (nicht) passieren, dass du sagst, das war heute ein perfekter Tag?
Ich glaube nicht an einen perfekten Tag. Man findet immer Dinge, die man besser machen kann. Während eines Spieltags kann von morgens bis abends etwas Unvorhergesehenes passieren. Du stehst den ganzen Tag unter Anspannung, weil du in solch einer Situation sofort eine Lösung haben musst.
Ein guter Tag ist für mich, wenn alles reibungslos geklappt hat. Auch ganz okay für mich ist, wenn hinter den Kulissen etwas nicht wie geplant lief, die Stadionbesucher es aber nicht mitbekommen haben und die Veranstaltung ungestört zu Ende gebracht werden konnte.
Was hat sich auf Grund der Pandemie für dich geändert am Spieltag?
Zu den bisherigen Aufgaben sind jetzt zusätzliche rund um die Infektionsschutzverordnung gekommen. Die Infektionsschutzverordnung schreibt zum Beispiel vor, dass für alle Anwesenden eine Anwesenheitsdokumentation geführt werden muss und dass Gesundheitskontrollen stattfinden. Viele erprobte Situationen mussten umgestaltet werden.
Ansonsten ist der Spieltag wesentlich übersichtlicher geworden. Vor der Pandemie haben wir am Spieltag gut 1.000 Mitarbeiter im Einsatz gehabt. Heute müssen wir auf Grund des Sonderspielbetriebskonzepts mit rund 300 auskommen.
Gibt es noch Situationen am Spieltag, die dich ins Schwitzen bringen?
Wir haben ein gutes Sicherheitskonzept und sind ein eingespieltes Team. Wenn mal etwas Unvorhergesehenes passiert, auf das wir spontan reagieren müssen, dann weiß ich, dass ich mich auf meine Kollegen verlassen kann. Ins Schwitzen komme ich nur, wenn zeitgleich viele Dinge zusammenlaufen und ich den Überblick behalten muss.
Hast du eine besondere/witzige/traurige/prägende Anekdote aus deinem Arbeitsalltag für uns?
Vor zwei oder drei Jahren hat irgendjemand mal Spritzkuchen zu einem Heimspieltag mitgebracht und wir haben das Spiel gewonnen. Ich bin an und für sich kein abergläubischer Mensch, aber seitdem essen wir an jedem Spieltag vor Anpfiff einen Spritzkuchen. Mitunter wird die Schuld für eine Niederlage im Spiel auch mal gern den Kollegen zugeschrieben, die nicht pünktlich ihren Spritzkuchen gegessen haben.
Hast du Berührungspunkte mit uns, der FuMA? Wie sehen diese aus? Wünscht du dir eine (engere) Zusammenarbeit mit uns?
Ich habe einen regelmäßigen Austausch mit Thomas Matscheroth, dem Leiter der FuMA. Vor der Corona-Pandemie haben wir uns intensiv mit den Antworten aus den Spieltagsumfragen der FuMA beschäftigt und überlegt, was wir für die Stadionbesucher besser machen können.
Gibt es Ziele, die du mit unserem Verein noch erreichen möchtest?
Auf meiner persönlichen Liste konnte ich meine zwei wesentlichen Ziele abstreichen: Ich wollte mit meinem Verein einmal im größten Stadion Deutschlands, im Westfalenstadion in Dortmund, spielen und mich mit den besten Vereinen Deutschlands in der Bundesliga messen. Mein nächstes großes Ziel ist, dass wir ein fester Bestandteil der Bundesliga werden.
Was wünscht du dir für 2021 (als Unioner, als Mitarbeiter, privat)?
Ich wünsche mir, aber auch allen Unionern, dass wir trotz Corona-Virus unser Leben so schnell wie möglich zurückbekommen. Nach acht Monaten Sonderspielbetrieb ohne Zuschauer möchte ich wieder Menschen und Atmosphäre in unserem Stadion erleben und auch endlich wieder einmal auswärts fahren.